Kuttermesser
Handel & Direktvermarktung

Lebensmittelpreise in Österreich: Fakten statt Mythen über die Kosten

VKI-Preisvergleiche im Lebensmittelhandel in Österreich irreführend: Untersuchung zeigt Mängel und ignoriert wichtige Faktoren.

Im Kontext der gegenwärtigen Diskussion um Lebensmittelpreise in Österreich hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) eine Erhebung veröffentlicht, die auf gemischte Resonanz stößt. Die im November 2024 durchgeführte Untersuchung weckt den Eindruck, dass hier nicht unbedingt Äpfel mit Äpfeln, sondern eher Äpfel mit Birnen verglichen werden. Während es in der Analyse heißt, dass der österreichische Lebensmittelhandel mit seinen 9.400 Verkaufsstandorten eine wohnortnahe Versorgung freundlich unterstützt, herrscht unter Konsumenten teilweise die Meinung, dass Lebensmittelpreise in Österreich deutlich höher sind als anderswo in der EU.

Den Vorwurf, dass hohe Marktkonzentrationen für die Preisgestaltung verantwortlich seien, kann die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) entkräften. Der unabhängige Bericht von 2023 zeigt, dass der Wettbewerb im Lebensmittelhandel in Österreich gut funktioniert. „Es gab keinen Hinweis, dass eine hohe Marktkonzentration die Preisanstiege beeinflusst hat“, so die BWB.

Blick auf den Eurostat Preisniveauindex

Laut dem Preisniveauindex für Nahrungsmittel der europäischen Statistikbehörde Eurostat befindet sich Österreich auf dem 14. Platz unter den 35 untersuchten Ländern. Demnach finden sich in 13 Ländern, wie der Schweiz, Norwegen und sogar Deutschland, die Preise für Lebensmittel im Durchschnitt über dem österreichischen Niveau. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, berichtet, dass der Lebensmitteleinzelhandel in den letzten beiden Jahren sogar inflationsdämpfend gewirkt habe – die Inflation bei Lebensmitteln lag im November 2023 bei nur 1,4%, verglichen mit 1,9% der allgemeinen Inflation.

Die hohe Konkurrenzsituation macht jedoch auch vor Herausforderungen nicht halt. Der sogenannte „Österreich-Aufschlag“ betrifft viele internationale Nahrungsmittelproduzenten, die in kleineren Märkten wie Österreich höhere Preise verlangen. Dies, so die BWB, führt zu jährlichen Mehrkosten von rund 14 Milliarden Euro für die Konsumenten in Europa.

Ein eindrucksvolles Beispiel für eine solche Ungleichheit ist die kürzlich von der EU-Kommission gegen Mondelez verhängte Geldbuße von 337 Millionen Euro, die als Reaktion auf territoriale Lieferbeschränkungen ausgesprochen wurde. Es bleibt zu hoffen, dass diese Maßnahmen einen positiven Einfluss auf die Preisgestaltung bei Lebensmitteln in Österreich haben werden.

Rabatte, Löhne und Kosten

Uns ist auch eine interessante Differenz aufgefallen, die im Preisvergleich des VKI nicht berücksichtigt wird: Rabattaktionen. In Österreich sind diese mit rund 40% hoch ausgeprägt, während es in Deutschland nur 12% sind. Weitere Faktoren wie unterschiedliche Steuer- und Lohnniveaus, die hohe Filialdichte zur Sicherstellung der Nahversorgung sowie die komplizierte Topografie des Landes spielen ebenfalls eine Rolle.

Die gegebenen Umstände beeinflussen nicht nur die Preise, sondern auch die Rentabilität des Lebensmitteleinzelhandels in Österreich, die zwischen 0,5% und 2,5% liegt. Im Vergleich dazu erzielt die internationale Nahrungsmittelindustrie durchschnittlich das Mehrfache profitabel. Es steht fest, dass der österreichische Lebensmittelhandel mit sinkenden Umsätzen kämpft, was die Befürchtungen über zukünftige Preisentwicklungen nur verstärkt.

Die Warenqualität leidet häufig unter dem leider einseitigen Fokus auf Preisvergleiche. Der Handel selbst fordert die objektive Betrachtung von Produkten und deren Preisen, um auch die Qualität und Herkunft herauszustellen. „Wir sind stolz auf den hohen Anteil biologisch und regional produzierter Lebensmittel in unserem Sortiment und setzen uns aktiv für die heimische Wertschöpfung ein“, so Rainer Will.

Eine Herausforderung, die der Handel in den kommenden Monaten angehen muss, sind die steigenden Energiepreise. Ab 2025 könnten entscheidende Entlastungen im Energiesektor auslaufen, was einen massiven Anstieg der Kosten nach sich ziehen würde. Der Handelsverband mahnt die Politik zur Mäßigung, da die kleinen Margen des Handels eine Weitergabe der Kosten kaum zulassen würden.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Komplexität der Preisgestaltung im Lebensmittelhandel recht vielschichtig und die Diskussion um die Lebensmittelpreise mehr als nur die Betrachtung von Zahlen erfordert. Vor allem sollte der Konsum regionaler Produkte gefördert werden, um die Qualität nachhaltiger zu sichern und die Wertschöpfung im Land zu halten.

Fleisch & Co

Das Fachmagazin für Fleischer, Fleischindustrie und fleischverarbeitende Direktvermarkter bietet Fachinformationen von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung von Fleisch und Fleischprodukten. Haben Sie interessante Themen für die Branche? Wollen Sie Kooperationspartner werden? Dann melden Sie sich bei uns.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"

Adblock erkannt

Bitte deaktiviere den Adblocker, um unsere Website zu besuchen